Leitlinien für gemeinnützigen Journalismus veröffentlicht

Das Forum Gemeinnütziger Journalismus hat Leitlinien für den gemeinnützigen Journalismus in Deutschland veröffentlicht. In dem Papier werden Transparenz, Selbstlosigkeit und ein redlicher Umgang mit Recherchen und Veröffentlichungen gefordert. „Wir werden oft gefragt: Was zeichnet gemeinnützigen Journalismus aus? Mit diesen Leitlinien möchten wir den Begriff schärfen“, erklärte Stephanie Reuter, Sprecherin des Forums und Geschäftsführerin der Rudolf Augstein Stiftung.

„Auf der Grundlage der Kriterien wird nun ein geeignetes Verfahren entwickelt, mit dem Medienprojekte ein Siegel für gemeinnützigen Journalismus erwerben können“, sagte David Schraven, Sprecher des Forums und Publisher des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv.

Die Leitlinien haben drei zentrale Regelwerke als Vorbild – die Initiative Transparente Zivilgesellschaft, die Abgabenordnung und den Pressekodex. Erarbeitet wurden die Leitlinien gemeinsam mit den Mitgliedern des Forum Gemeinnütziger Journalismus; über ein Online-Forum wurden zudem Anregungen und Ideen der Fachöffentlichkeit gesammelt. „Wir bedanken uns bei allen, die so engagiert an den Leitlinien mitgearbeitet und ihre Erfahrungen und Expertise eingebracht haben“, sagte Thomas Schnedler, Sprecher des Forums und Projektleiter bei Netzwerk Recherche.


Übersicht

Präambel
Redlicher Umgang mit Recherchen und Veröffentlichungen
Transparenz
Selbstlosigkeit
Das Siegel


Präambel

Demokratie braucht kritischen Journalismus. Der gemeinnützige Journalismus spielt dabei in unserer Zeit eine immer wichtigere Rolle. Das Siegel des Forums Gemeinnütziger Journalismus möchte Orientierung geben, was gemeinnützigen Journalismus ausmacht.

Wenn eine Organisation Journalismus im Sinne des Gemeinwohls betreiben will und dafür Steuerbegünstigungen bekommt, so kann die Gemeinschaft im Gegenzug bestimmte Standards erwarten. Mit dem Siegel des Forums Gemeinnütziger Journalismus werden diese Standards definiert.

Die Anforderungen des Siegels ruhen auf drei Säulen:

  1. Redlicher Umgang mit Recherchen und Veröffentlichungen
    Hier orientieren wir uns am Pressekodex des Deutschen Presserats.
  2. Transparenz
    Hier orientieren wir uns an den Kriterien der Initiative Transparente Zivilgesellschaft.
  3. Selbstlosigkeit
    Hier orientieren wir uns an der Abgabenordnung, dem zentralen Steuergesetz.

Redlicher Umgang mit Recherchen und Veröffentlichungen

Eine Organisation, die gemeinnützigen Journalismus betreibt, legt die Prinzipien ihrer Arbeit leicht zugänglich offen:

  1. Sie achtet die Menschenwürde.
  2. Sie bekennt sich zu Demokratie und Grundgesetz.
  3. Sie recherchiert und veröffentlicht sorgfältig und fair.
  4. Sie veröffentlicht Informationen zu Einzelpersonen nur, wenn sie einem öffentlichen Interesse im Sinne des Presserechts dienen.
  5. Sie gibt sich ein zu veröffentlichendes Redaktionsstatut, in dem sie die Prinzipien ihrer Arbeit erklärt. Sie lässt sich an ihren Prinzipien messen.
  6. Sie pflegt einen offenen Umgang mit eigenen Fehlern und korrigiert diese offen und macht dies kenntlich. Sie verpflichtet sich außerdem zur Veröffentlichung von Richtigstellungen, wenn sich veröffentlichte Informationen nachträglich als falsch erweisen.
  7. Sie nennt die Quellen ihrer Informationen – soweit dies möglich ist. Sie macht kenntlich, wenn Quellen nicht offengelegt werden können und erklärt öffentlich, aus welchen Gründen eine Offenlegung der Quellen in diesem Fällen nicht möglich ist.
  8. Sie bekennt sich zum Kodex des Deutschen Presserates.

Transparenz

Eine Organisation, die gemeinnützigen Journalismus betreibt, folgt den Regeln der Initiative Transparente Zivilgesellschaft und legt ihre Strukturen und Finanzierung offen.

(In Anlehnung an die Bedingungen der Initiative Transparente Zivilgesellschaft, Fassung vom April 2016)

Wir verpflichten uns, die nachstehend aufgeführten Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, indem wir sie mit dieser Erklärung leicht auffindbar auf unsere Website stellen:

  1. Name, Sitz, Anschrift und Gründungsjahr unserer Organisation.
  2. Vollständige Satzung oder Gesellschaftervertrag sowie weitere wesentliche Dokumente, die Auskunft darüber geben, welche konkreten Ziele wir verfolgen und wie diese erreicht werden (z. B. Vision, Leitbild, Werte, Förderkriterien).
  3. Datum des jüngsten Bescheides vom Finanzamt über die Anerkennung als steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaft, sofern es sich um eine solche Körperschaft handelt.
  4. Name und Funktion der wesentlichen Entscheidungsträger (z. B. Geschäftsführung, Vorstand und Aufsichtsorgane).
  5. Bericht über die Tätigkeiten unserer Organisation: zeitnah, verständlich und so umfassend, wie mit vertretbarem Aufwand herstellbar (z. B. Kopie des Berichts, der jährlich gegenüber der Mitglieder- oder Gesellschafterversammlung abzugeben ist).
  6. Personalstruktur: Anzahl der hauptberuflichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen; Angaben zu Honorarkräften, geringfügig Beschäftigten, Freiwilligendienstleistenden, ehrenamtlichen Mitarbeitern.
  7. Mittelherkunft: Angaben über sämtliche Einnahmen, dargelegt als Teil der jährlich erstellten Einnahmen- / Ausgaben- oder Gewinn- und Verlustrechnung, aufgeschlüsselt nach Mitteln aus dem ideellen Bereich (z. B. Spenden, Mitglieds- und Förderbeiträge), öffentlichen Zuwendungen, Einkünften aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, Zweckbetrieb und / oder der Vermögensverwaltung.
  8. Mittelverwendung: Angaben über die Verwendung sämtlicher Einnahmen, dargelegt als Teil der jährlich erstellten Einnahmen- und Ausgaben- oder Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Vermögensübersicht bzw. der Bilanz.
  9. Gesellschaftsrechtliche Verbundenheit mit Dritten, z. B. Mutter- oder Tochtergesellschaft, Förderverein, ausgegliederter Wirtschaftsbetrieb, Partnerorganisation.
  10. Namen von juristischen Personen, deren jährliche Zuwendung (inkl. Beiträge, Leistungsentgelte, Gebühren, Projektmittel, Spenden etc.) mehr als zehn Prozent unserer gesamten Jahreseinnahmen ausmachen. Angaben zu entsprechenden Spenden von
    natürlichen Personen werden nach Zustimmung derselben veröffentlicht, in jedem Fall aber als „Großspenden von Privatpersonen“ gekennzeichnet.

Wir bestätigen, dass die Organe, welche für unsere Organisation bindende Entscheidungen zu treffen haben, regelmäßig tagen und dass die Sitzungen protokolliert werden. Anfragen an unsere Organisation werden in angemessener Frist beantwortet. Die Jahresrechnung wird namentlich durch einen Entscheidungsträger unserer Organisation abgezeichnet. 


Selbstlosigkeit

Eine Organisation, die gemeinnützigen Journalismus betreibt, ist selbstlos tätig.

  1. Alle finanziellen Überschüsse werden in die Organisation investiert. Gewinnentnahmen sind in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen.
  2. Die Organisation darf keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.
  3. Wirtschaftliche Tätigkeiten der Organisation außerhalb des gemeinnützigen Journalismus (z. B. Verkauf von Merchandising) dürfen keine Verluste machen und die entstehenden Gewinne müssen in die gemeinnützige Arbeit fließen.
  4. Das Vermögen der Organisation mit Ausnahme des Gründungskapitals muss bei Auflösung an eine andere Organisation des gemeinnützigen Journalismus fließen.

Das Siegel

Nach einer Prüfung der Vollständigkeit und Plausibilität der Offenlegung auf Basis der angeführten Kriterien erhalten die Unterzeichner das Siegel des Forums Gemeinnütziger Journalismus. Dieses Siegel soll einen Hinweis darauf geben, ob die Organisation gemeinnützig tätig ist.

Das Forum Gemeinnütziger Journalismus wird ein geeignetes Verfahren zur Prüfung der Organisationen und Vergabe des Siegels entwickeln und beschließen – und zwar sowohl für Organisationen, die bereits aktiv sind, als auch für Organisationen im Gründungsprozess. Vorbild hierfür ist das Siegel des International Fact Checking Network.

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