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Stellungnahme zur Presseförderung des Bundes

Das Forum Gemeinnütziger Journalismus nimmt Stellung zur geplanten Presseförderung des Bundes. Für eine konstruktive Debatte.

Das Forum Gemeinnütziger Journalismus möchte sich konstruktiv in die Diskussion um die “Förderung der Pressevielfalt” im Rahmen des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages einbringen. Das Forum vertritt derzeit 28 gemeinnützig organisierte Medienorganisationen und im Bereich gemeinnütziger Journalismus tätige Stiftungen in Deutschland.

Das Forum hält eine einseitige Förderung der gedruckten Presse ohne Möglichkeiten der Förderung der Online-Presse wettbewerbspolitisch und ordnungspolitisch für nicht angeraten, da sie einseitig zu Lasten der Organisationen geht, die sich bislang in besonderer Weise um die digitale Transformation der Presse verdient gemacht haben. Hier sehen wir – neben dem AK Digitale Publisher – die sozial engagierten Medien-Organisationen benachteiligt, die sich im Forum Gemeinnütziger Journalismus zusammengeschlossen haben. Als gemeinnützige Organisationen bemühen sie sich teilweise seit Jahren um eine Unterstützung der Medienvielfalt gerade im lokalen Rahmen, in denen die Märkte versagen. Sie entwickeln Angebote, die von Menschen vor Ort genutzt und unterstützt werden.

Unseren Mitgliedsorganisationen wird bislang nicht nur die Anerkennung ihrer Arbeit durch die Einführung des Zweckes “Gemeinnütziger Journalismus” in der Abgabenordnung erschwert, die wichtig wäre, um bürgernahe und nachhaltige Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Durch eine neue, einseitige Förderung der gedruckten Presse würden unseren Mitgliedsorganisationen zusätzlich neue Steine in den Weg gelegt.

Das einseitige Engagement des Staates zugunsten der klassischen Verlage kann im Extremfall zur Zementierung überholter Geschäftsmodelle in der Zukunft führen und die dringend notwendige digitalen Modernisierung blockieren.

Wir regen daher an, dass der Haushaltstitel “Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens zur Förderung des Absatzes und der Verbreitung von Abonnementzeitungen, -zeitschriften und Anzeigenblättern” inhaltlich erweitert wird um die Förderung sinnvoller digitaler Produkte auch anderer Verlagsformen. Der Begriff der Zeitung darf nicht auf Printprodukte limitiert werden, es müssen auch Onlinezeitungen und andere Onlineangebote unter die Definition einer Zeitung fallen können.

Die Verteilung der Förderungen könnte nicht nur über Auflagen oder Reichweiten organisiert werden, sondern auch über die in der Förderung erfahrenen Institutionen der Länder, zum Beispiel über die Landesmedienanstalten oder über Institutionen wie das MIZ Babelsberg und das Media Lab Bayern.

Zudem regen wir die Förderung allgemein verfügbarer digitaler Wissenskammern an, von denen alle Menschen in Deutschland einen Nutzen hätten, die Medien machen, egal, welche Modelle sie verfolgen.

Wir schlagen zum Beispiel die Einrichtung eines bundesweiten "Labors für digitalen Journalismus" vor.

Der gemeinnützige Journalismus ist seit Jahren ein Experimentierfeld für den digitalen Wandel des Journalismus. Zahlreiche Kooperationsprojekte zwischen Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen auf der einen Seite und gemeinnützigen Medienprojekten auf der anderen Seite haben bereits gezeigt, wie dies den Medien und der Gesellschaft insgesamt nutzen kann. Sei es bei der Bearbeitung und Analyse großer Datenmengen, bei der erweiterten Teilhabe des Publikums, oder bei der multimedialen Präsentation von Rechercheergebnissen – von sehr vielen gemeinnützigen Medienprojekten, von digitalen Pionier-Organisationen, wurden die Methoden erprobt und dann an klassische Verlage weitergereicht.

Wir wollen eine "Digitale Infrastruktur für Verlage und Journalismus".

Um journalistische Berichterstattung in hoher Qualität zu unterstützen, schlagen wir vor, dass die öffentliche Hand im Rahmen der beschlossenen Verlagsförderung eine gesonderte Förderlinie zur Etablierung einer digitalen „Media Commons“ für Verlage unter Berücksichtigung der bereits angestoßenen und erbrachten Erfahrungen aus der Pionierarbeit anstößt.

Der Begriff der Media Commons bezeichnet hier die digitale Infrastruktur wie Software, technische Werkzeuge und weitere Ressourcen, die journalistische Arbeit unterstützen, verbessern oder überhaupt erst ermöglichen. Diese Infrastruktur sollte allen interessierten Menschen zur Verfügung gestellt werden, die Medien machen – egal ob es sich dabei um große Verlage handelt oder um Einzelinitiatven. Dahinter steht die Überlegung, dass Medien überall dort, wo der inhaltlich-publizistische Wettbewerb nicht beeinträchtigt wird, auf Kooperation setzen können.

Insbesondere in folgenden Handlungsfelder bieten sich Projekte der Media Commons an:

  • Monetarisierung: z. B. Paid-Content-Modelle, Paywall- und Bezahltechnologie, gemeinsame Marketing- und Vertriebsinfrastruktur
  • Community-Support-Software: Open-Source-Systeme, die Interaktion mit lokalen Communities ermöglichen und strukturieren und so Abomodelle ergänzen oder ersetzen
  • Tools für die Inhaltepublikation: z. B. Content-Management-Systeme, Empfehlungssysteme, technische Qualitätssicherungsverfahren (Fact Checking)
  • Datenjournalistische Anwendungen: z. B. Datenbanken für die Recherche von Expert*innen, technische Lösungen für die Vorselektion relevanter Pressemitteilungen
  • Werkzeuge für digitale Zusammenarbeit: z. B. für den sicheren Austausch von Recherchematerial und Daten in investigativen Journalismusprojekten
  • Datenanalyse: z. B. Pooling von Daten und Algorithmen für Datenauswertung und Nutzungsanalyse
  • Digitale Ausbildungsinfrastruktur

Bei der Entwicklung dieser Infrastruktur könnte die öffentliche Hand vorrangig Konsortien von Medienakteuren, Technologiedienstleistern und Forschungseinrichtungen fördern.

Zuletzt fordern wir die Schaffung von Rechtssicherheit für die Gemeinnützigkeit des gemeinwohlorientierten Journalismus. Die Gemeinnützigkeit von Journalismus muss endlich in der Abgabenordnung anerkannt werden. Für uns ist es unverständlich, dass auch nach der aktuellen Novelle des Gemeinnützigkeitsrechts etwa der Modellflug automatisch gemeinnützig ist, während nicht-kommerzieller, gemeinwohlorientierter Journalismus weiter nicht in der Abgabenordnung steht. Mehr Rechtssicherheit würde unserer Ansicht nach helfen, die Medienvielfalt in Deutschland zu bewahren, die Kritik- und Kontrollfunktion des Journalismus zu stärken und so die öffentliche Meinungsbildung in der Demokratie zu beleben.

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